ZZ: Zauberer Martini, wie kommst du zum Zaubern?
Martini: Schon als Schulbub habe ich meinem Onkel gerne beim Zaubern zugesehen, später auch über die Schulter geschaut. So kam es, dass ich auch mit Karten-Tricks anfing.
ZZ: Was, du sprichst von Tricks? Gebt ihr Zauberer zu, dass ihr nur Tricks macht, und nicht wirklich zaubern könnt, was immer das auch bedeuten mag?
Martini: Selbstverständlich. Ich betreibe Täuschungskunst, das heisst, es sind alles aufs Genauste einstudierte Tricks, die einen genialen Effekt erzielen.
ZZ: Du bist aber sicher nicht in den Zauber-Kinderschuhen stecken geblieben... Was machst du heute?
Martini: In unzähligen Stunden meiner Freizeit habe ich mich in das Table-hopping (Tischzauberei), in die Karten-, Mikro- und Allgemeine Magie vertieft.
ZZ: Lässt du auch Menschen verschwinden, oder Hasen aus dem Hut heraus hoppeln?
Martini: Nein, das übersteigt zwar nicht mein Können, dafür aber meine finanziellen Möglichkeiten. Nebst den sehr teuren Requisiten, müsste ich zusätzlich Lagerräume mieten. Copperfield, zum Beispiel, hat seine Requisiten in mehreren Lagerhallen untergebracht.
ZZ: Wo können wir dich in Aktion bewundern? Trittst du auch öffentlich auf?
Martini: Seit 1997 trete ich gemeinsam mit "Siderato", ebenfalls ein Mitglied vom Magischen Club Bern (MCB), in einem Restaurant in Bern auf. Einmal pro Jahr findet ein MCB-Zauberabend statt, an dem ich meistens auch mitmache. Am liebsten lasse ich mich aber für allerlei Feste engagieren (Geburtstage, Hochzeiten, Firmenfeste, Jubiläen, usw....). Der persönliche Rahmen bewirkt, dass der Funken zwischen Zauberer und Publikum springt. Solche Shows wurden zu Highlights in meiner Künstlerkarriere.
ZZ: Hast du auch schon Flops erlebt?
Martini: Ich kann mich noch gut an jenes Geburtstagsfest erinnern... Üblicherweise trinke ich prinzipiell keinen Alkohol, wenn ich als Zauberer auftrete. Aber am besagtem Fest war ich privat, und nicht als Zauberer, eingeladen. Also stiess ich, wie alle anderen Gäste auch, auf das Wohl des Geburtstagskindes an. Wie das so ist, ist es nicht nur bei dem einen Gläschen geblieben. Irgendwann wurde ich aber doch zu einem Kunststück aufgefordert. Und da ein Zauberer immer und überall irgendwelches Zauber-Hilfsmaterial auf sich trägt, habe ich zugesagt. Es kam, was kommen musste, wenn die Konzentration nachlässt: Anstatt einen Geldschein nur virtuell zu zerschneiden, habe ich ihn echt mit dem Messer durchtrennt. Dass ich diesen aber nicht mehr zusammenfügen konnte, ist sonnenklar.
ZZ: Da hätte ich gerne zugeschaut. Konntest du die Show noch retten?
Martini: Irgendwie habe ich mich mit Ruhe bewahren und rhetorischen Künsten aus der Schlinge gezogen. Ablenkung ist ja bekanntlich eine notwendige Eigenschaft eines Zauberers. Jedenfalls bekam ich von einem anderen Gast die Rückmeldung, dass ihm das Kunststück mit dem Geldschein am allerbesten gefallen habe.
ZZ: Ein Zauberer muss wohl viel lernen. Wie wird man denn ein richtiger Zauberer, ab wann kann man sich so nennen?
Martini: Es beginnt damit, dass du Interesse am Zaubern zeigst. Entweder du beginnst mit einem Zauberkasten , einem Buch oder einem Vorbild. Wenn du schon einige Kunststücke eingeübt und aufgeführt hast (z.B. Kindergeburtstag, Silvester-Party), kannst du dich beim MCB als Kandidat anmelden. Der Zauberlehrling kann nun innerhalb von zwei Jahren sein Wissen und sein Können bei einem Zauberkurs, durch Lektüre oder durch Erfahrungsaustausch erweitern, und an einer Schlussprüfung beim Magischen Ring der Schweiz (MRS) unter Beweis stellen. Nun darf er sich "Zauberkünstler" nennen.
ZZ: Das gibt es wirklich: eine Zauberschule, Prüfungen, einen Titel? Dann muss ich mein Bild vom Laien-Zauberer sofort ablegen!
Martini: Der Magische Ring Schweiz (MRS, Dachorganisation der 9 Magischen Clubs) bietet noch mehr: So finden regelmässig Seminare, Workshops und Kongresse mit Händler-Messe statt. Der MRS führt auch eine grosse Bibliothek mit Zauberbücher; die meisten davon sind nicht im Handel erhältlich.
ZZ: Hast du Kinder; haben sie auch schon mit Zaubern begonnen?
Martini: Ich habe eine erwachsene Tochter, die in ihrer Freizeit während der Lehre kein besonders grosses Interesse am Zaubern zeigte. Möglicherweise ist ihr die Freude am Zaubern auch deshalb vergangen, weil sie immer und unbedingt die neusten Kunststücke ihres Vaters bewundern musste und sich nicht selten als "Versuchskaninchen" zur Verfügung stellte.
ZZ: Wie sieht es im MCB mit dem "magischen" Nachwuchs aus?
Martini: Auch in unserem Club bekommen wir die Passivität vieler Jugendlichen zu spüren. Viele Jungen wollen sich nicht festlegen oder sich konsequent für eine Sache engagieren. Aber wer weiss, vielleicht ist gerade jemand unter den Leser, der eine interessierte Person kennt, oder die schon lange einmal..., aber nicht weiter kam.
ZZ: Wenn nun ein Leser oder eine Leserin auf den Geschmack gekommen ist, wie kann er oder sie vorgehen?
Martini: Am besten ist es, diese Person nimmt mit mir Kontakt auf. Als ehemaliger langjähriger Präsident des Magischen Clubs Bern (MCB) kann ich sicher Tipps geben und sie gut beraten.
ZZ: Nun wünsche ich dir, lieber Martini, viel Erfolg und noch mehr Freude an der Zauberei! Herzlichen Dank fürs Interview!